Gesunder Geist

Von Soraya Pechtl, 13. November 2025, aus FALTER.morgen

Bei den Mental Health Days zeigen Experten Schülerinnen, wie sie mit psychischen Erkrankungen, Sucht und Essstörungen umgehen können. Wir waren bei einem Workshop dabei. 

„Wer hat heute schon Zähne geputzt?”, fragt der Vortragende die Schülerinnen und Schüler. Alle Hände gehen in die Höhe. „Wer hat sich heute schon gefragt, wie es euch geht?” Kaum jemand zeigt auf. „Wir sollten uns um unseren Körper genauso kümmern wie um unsere Seele”, sagt er.

Hier in der Polytechnischen Schule (PTS) in der Donaustadt fanden gestern die Mental Health Days statt. Autor und Journalist Golli Marboe hat sie vor vier Jahren ins Leben gerufen, um die Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schülern zu fördern. Inzwischen besuchen Expertinnen und Experten Schulen in ganz Österreich, um Themen wie Sucht, Depressionen, Leistungsdruck und psychische Krankheiten zu enttabuisieren. Die Stadt fördert 100 Aktionstage mit 600 Workshops. „Wir haben in den vergangenen Jahren enorme Zuwächse von Krisen und psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen gesehen”, sagt Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (Neos). 

In der PTS in der Donaustadt sprechen die Schüler an diesem Tag zuerst über Sucht. Die Vortragenden wollen den Kids vermitteln, dass niemand sich für eine Abhängigkeit schämen muss, dass man sich Hilfe holen soll und jeder, auch Stars, davon betroffen sein kann. In einem Video erzählt der britische Pop-Sänger Ed Sheeran dann von seinem schwierigen Verhältnis zu Alkohol und anderen Drogen. „Es ist das Schlechteste für dich”, sagt er. 

In den Klassen stehen jeweils ein Fachexperte und ein sogenannter Erfahrungsexperte. Die Person vom Fach hat einen psychologischen oder psychotherapeutischen Hintergrund. Die andere hat Erfahrungen mit Sucht, Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen gemacht. 

Später wird es in der Polytechnischen Schule auch um Depressionen gehen. „Wir wollen den Kindern zeigen, dass es einen Unterschied zwischen begründeter Traurigkeit gibt, etwa weil meine Freundin Schluss gemacht hat, und grundloser Wut oder Depression”, sagt Initiator Marboe. Besprochen werden auch Themen wie Essstörungen, Suizidalität, Mobbing, Ängste und Leistungsdruck – in den Mittelschulen wird ein Thema pro Schuljahr behandelt.

Die Kids sollen wissen, wie und wo sie Hilfe bekommen. „Meine Erfahrung ist, dass viele diese Art der Unterstützung nicht kennen”, sagt Direktorin Bianca Kaderschabek, die die Schule heuer erstmals für die Workshops angemeldet hat, weil ihr „das Thema Prävention wichtig ist”.  

Auch für die Lehrkräfte gibt es im Rahmen der Mental Health Days Fortbildungen, sie bekommen in separaten Workshops Infos zum Umgang mit dem Thema. Die Eltern werden abends zu einer Infoveranstaltung eingeladen, in Wien werden dafür zwei Dolmetscher bereitgestellt. Schulen können sich hier für die Mental Health Days anmelden, das Angebot ist kostenlos (es gibt allerdings eine Warteliste). 

Von Soraya Pechtl, 13. November 2025, aus FALTER.morgen

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“Ich breche ein Tabu”